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Das Baby kommt...

  • Autorenbild: Tatjana
    Tatjana
  • 28. Juli 2021
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Okt. 2023

Es folgt ein unretouchierter, waschechter Geburtsbericht. Ein Bericht darüber wie ich die Geburt erlebt habe und wie ich Mama wurde.


Es war der 27.Jänner 2021, ein ganz normaler Mittwoch, ich hatte noch 5 Tage zum errechneten Geburtstermin und war tiefenentspannt. Naja, vielleicht nicht ganz in der Tiefe, denn mein Bauch war überdimensional und ich kugelrund. Wie prenatal in Coronazeiten jeden Tag üblich, packte ich mich auch an diesem Tag dick in mein Schwangerschafts-Winter-Outfit ein und machte mich watschelnd auf einen Spaziergang. Meine beste Freundin begleitete mich, denn unter uns gesagt, traute ich mich so kurz vor der Geburt nicht mehr alleine weite Strecken zu gehen. Wir gingen also gemeinsam eine große Runde durch den Wald und ich wunderte mich überhaupt nicht, dass ich ab und zu ein Zwicken im Bauch verspürte und immer mal wieder kurz anhalten musste um zu Atmen. War ja normal, dass sich hier und da eine Vorwehe einschlich, so als Generalprobe kurz vor der großen Show. Weshalb ich mir auch überhaupt keine Gedanken machte, als sich das Zwicken im Bauch an diesem Tag öfter bemerkbar machte. Ich besuchte anschließend auch meine Mama, wir witzelten, dass sich die Maus wohl doch noch bis zum errechneten Termin Zeit lassen würde. Meine alles entscheidende Frage an meine Mutter war, wie ich denn überhaupt erkennen würde wann es losgeht und wann es echte Geburtswehen sind. Die Vorwehen kenne ich ja mittlerweile, fühlt sich ein bisschen so an wie leichte Regelschmerzen. Sie meinte ganz trocken: „Das erkennst du!“ AHA! Naja, gut, wenn meine Mama, die mich und meinen Bruder zur Welt brachte, das sagt, dann wird das schon stimmen. Ich werd’s also merken. Okay...

Wieder zuhause angekommen, schmiss ich mich auf die Yogamatte für meine Schwangerschaftsyoga-Abendroutine und dann gemütlich ins Bett. Die Stunden vergingen, wir netflixten und irgendwann schlief mein Freund ein. Ich immer noch hellwach, denn das Zwicken und Ziehen kam immer öfter, aber so unregelmäßig, dass es sich laut meinen Recherchen nur um Vorwehen handeln konnte. „Diese Vorwehen...“, dachte ich, „aber ich werde es schon merken, wenn es wirklich Geburtswehen sind, oder? Moment!“, schoss es mir durch den Kopf, „die Hebamme in der Geburtsvorbereitung meinte doch, dass ich ganz leicht unterscheiden könnte ob es sich um Vor- oder Geburtswehen handelte, wenn ich mir ein warmes Bad einlasse.“ Gedacht, getan. Um ca. 22:30 Uhr des 27.01.2021 stieg ich also in die Badewanne und versuchte mich zu entspannen und auf meinen Körper zu hören. Zur Info: Vorwehen klingen in der Badewanne ab, werden also leichter; Geburtswehen verstärken sich durch die Wärme des Wassers, werden also intensiver und regelmäßiger. Nun gut. 30 Minuten später stieg ich aus der Wanne. Status unverändert. Langsam wurde ich nervös. Das Zwicken und Ziehen kam und ging, mal 1 Mal pro Stunde, dann wieder 3 Mal in 30 Minuten, Intensität gleichbleibend schwach. Ich kramte meine Notizen aus dem Geburtsvorbereitungskurs hervor. Aha! Da stand es: Erst ins Krankenhaus fahren, wenn die Wehen regelmäßig im Abstand von 5-7 Minuten gleichbleibend stark kommen. Und zwar so stark, dass das Sprechen schwer fällt. Kann man sich noch locker unterhalten und die Wehe easy wegstecken, dauert’s noch. Ich als notorische Perfektionistin und allbekannte Streberin hielt mich natürlich strikt an diese Vorgabe. Dann also noch warten. Ich legte mich wieder ins Bett, netflixte weiter. Mein Freund schnarchte derweil seelenruhig neben mir. Immer mal wieder machte er ein Auge auf und fragte wie es mir geht. Naja, wie ging es mir: Ich war ruhig, eigentlich ziemlich entspannt, gleichzeitig auch ein wenig unsicher ob ich schon in den Wehen lag oder ob es sich nur um Vorwehen handelte. Irgendwann gegen 00:30 Uhr (ich musste wohl doch eingeschlafen sein?), wir schrieben also mittlerweile Donnerstag, den 28.01.2021, musste ich mal dringend aufs Klo. Da schrillten schon meine Alarmglocken, denn auch hier erinnerte ich mich an die Worte der Hebamme, dass verstärkter Harndrang und Durchfall ein Vorbote sein kann. Man beachte das Wort „kann“, denn auch hier gibt es von A bis Z – je nach Gebärender – so ziemlich alles. Auf dem Klo sitzend, wurde das Ziehen allmählich stärker, jedoch nicht so stark wie es lt. meinen Notizen hätte sein sollen um ins Krankenhaus zu fahren. Mir reichte es jetzt, ich beschloss, dass wir jetzt ins Krankenhaus fahren, denn ich brauchte Klarheit. „Ohje! Fettige Haare und unrasiert???!!! Geht ja gaaar nicht!!!“ – also dann nochmal ab unter die Dusche, Haare waschen, rasieren – naja, ich hab zumindest versucht meine Beine und Vagina so gut wie möglich von Haaren zu befreien, aber das war eher ein Blindflug, denn ich sah schon seit Wochen nicht mehr was da unten eigentlich los war. Frisch geduscht, Haare gewaschen und geföhnt, teilweise rasiert (alles hab ich sicher nicht erwischt), weckte ich um ca. 1 Uhr meinen Freund mit der Info, dass wir jetzt ins Krankenhaus fahren. Er sofort hellwach, zog sich an, nahm meine Tasche, legte eine Unterlage auf den Autositz – nur für den Fall – und wir düsten los. Um 1:30 Uhr im Krankenhaus angekommen, machte ich mich zu Fuß auf den Weg zur Geburtenstation. Mein Freund musste draußen warten (àLockdown). Die diensthabende Hebamme nahm mich freundlich auf, hört sich meine Geschichte an und untersuchte mich. Als sie die Finger rauszog, schaute sie mich durch meine Beine über meinen Bauch hinweg an und sagte: „Dein Muttermund ist komplett verstrichen, sofort in den Kreissaal.“ Waaaaaaaaaaas? Das darf nicht wahr sein? Wie jetzt? Ich dachte, die schickt mich wieder nach Hause? Unmöglich!!!! Ich fing am ganzen Körper an zu zittern, meinen Knien konnte ich zuschauen wie sie aneinander schlugen, meine Lippen bebten. Ein plötzlicher Hitzeschwall überkam mich und ich musste mir sofort meine Kleider vom Leib reißen. In der Zwischenzeit wurde mein Freund verständigt und ich fand mich irgendwann im Kreissaal wieder, komplett nackt, denn ich hatte mich schon im Untersuchungszimmer meiner Kleider entledigt. Ich konnte einfach keinen Stoff am Körper mehr ertragen. Irgendwo im Nebenzimmer hörte ich eine Frau schreien. Nein, es war kein Schreien – sie brüllte wie am Spieß. „Scheiße!!!“, dachte ich, „tut das wirklich so weh?“ Kleiner Spoiler: JA, es tut so weh!

Irgendwann, als der Schock darüber, dass mein Baby heute auf die Welt kommen würde, verdaut war, blickte ich mich um. Mein Freund war an meiner Seite, die Hebamme war da und ich hörte die regelmäßigen Herztöne meines Babys. All das beruhigte mich, ich besinnte mich auf meine Geburtsvorbereitung und auf das Gelernte und war von da an ruhig. Ich sprach kaum, ich atmete einfach nur und versuchte bei mir zu bleiben. Mein Freund, ebenso ruhig, hielt meine Hand und war einfach nur da. Mehr brauchte ich in diesem Moment nicht. Die Wehen kamen, wurden nun auch stärker (aha! So fühlt sich das also an...), und gingen wieder. Zwischen den Wehen fand ich kaum Zeit zur Entspannung, denn ich musste einfach nur kotzen. Mein Freund bekam also von der Hebamme die Kotztüte in die Hand gedrückt mit dem Kommentar „Ich kann alles sehen außer Kotze.“ „Okaaaay, nicht ihr ernst?“, dachte ich „Jetzt soll mein Freund die Kotze auffangen?“ Ich hatte totale Hemmungen, ich hielt anfangs alles zurück, spannte an. Einfach loslassen und alles rauslassen? Das kann ich nicht! Das tut man doch nicht! Irgendwo im Raum hörte ich die Hebamme sagen, dass ich loslassen soll, zurückhalten sei nicht gut für mich und das Baby, wenn’s raus muss, muss’ raus. Gesagt, getan. Ich lies los – es war befreiend und ekelhaft zur gleichen Zeit. Mein Freund hielt mir immer noch die Hand, während er mit der anderen die Kotztüte festhielt.

Irgendwann stach die Hebamme dann auch meine Fruchtbase auf. Platsch! Dieses Gefühl war Erleichterung pur! Mit dem Fruchtwasser gingen gleichzeitig noch allerhand andere Flüssigkeiten mit ab, aber es war so gut, so befreiend. Jetzt konnte mein Baby kommen. Die Presswehen kamen. Scheiße, tut das weh. Wehe um Wehe, presste ich mein Baby der Welt ein Stück näher. Doch sie rutschte nicht weit genug nach unten, der Oberarzt musste kommen. Gerade frisch aufgestanden (so sah er zumindest aus), hievte er sich auf meinen Bauch und drückte mit all seinem Körpergewicht die Maus mit Unterstützung meines Pressens nach unten. Irgendwann hörte ich die Hebamme fragen „Das Köpfchen schaut jetzt raus, willst du nach unten greifen?“ Ich glaube ich schrie sie und den Arzt an, dass ich fast am zerreißen bin und das Baby endlich da raus soll. Ich konnte nicht mehr. Ich hatte (gefühlt) schon so lange Presswehen, presste und presste, doch nichts. Die Maus bewegte sich kein Stück weiter. Die Saugglocke musste also her. Ich schloss meine Augen, das will ich nicht sehen. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir mit einer WC-Saugglocke in der Größe einer Wassermelone zwischen meine Beine fuhren (im Nachhinein erfuhr ich, dass die Saugglocke in etwa so groß wie eine Kiwi ist). Ich glaubte zu zerreißen und schwubs, mit der nächsten Presswehe, drehte sich die Maus schwungvoll und flutschte aus mir heraus. Unsere Tochter war geboren. Tränen flossen über das Gesicht meines Freundes und ich? Ich war sprachlos. Die Maus wurde mir auf den Bauch gelegt und in den CTG Strumpf eingewickelt. Alles war still, ich hörte meinen Puls rauschen und meine Tochter atmen, sonst nichts. Das pure Glück. Die Welt stand still. Und so wurde ich am 28.01.2021 um 03:37 Uhr eine Mama.




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Tatjana Reinsperger

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